Larissa Tseng ist gebürtige Taiwanerin und eine inspirierende Persönlichkeit, denn sie hat viel zustande gebracht! Nicht nur, daß sie selbst Mama von zwei Kindern ist, sondern sie hat in Taiwan vor 10 Jahren ein speziell aufbereitetes Bildungsprogramm gestartet, bei dem sie taiwanische Kinder und Jugendliche online über aktuelle Themeninhalte "unterrichtet", sodaß sie zu proaktiven Weltenbürger heranwachsen können. Wie sie zu dieser pädagogischen Initiative gekommen ist und was ihre Motivation dabei ist, das verrät uns Lara in der ersten Folge. Doch dabei ist es nicht geblieben! Denn Lara lebt mit ihrer Familie mittlerweie in Dubai. Dort hat sie ein Projekt namens Small School Support Project (SSSP) initiiert, das zum Ziel hat, kleine Schulen und Klassenzimmer weltweit zu bauen, mit besonderem Schwerpunkt auf Schulen, die Flüchtlingsgruppen betreuen. Laras Vision für das SSSP besteht darin, sicherzustellen, dass diese Schulen, denen es oft an internationaler Aufmerksamkeit und Unterstützung mangelt, die lebenswichtigen finanziellen und materiellen Ressourcen erhalten, die sie benötigen, um den Kindern weiterhin hochwertige Bildung zu bieten. Lara glaubt daran, dass Bildung ein Grundrecht für jedes Kind ist, unabhängig von seinen Umständen. Beispielsweise im Al-Rukban Camp, das Todeslager in Syrien an der Grenze zu Jordanien, zu dem noch nicht einmal humanitäre Hilfe von Außen gelangt, ist ihr etwas gelungen, was noch keinem zuvor gelungen ist: Beispielsweise im Al-Rukban Camp, das Tote Lager in Syrien an der Grenze zu Jordanien, zu dem noch nicht einmal humanitäre Hilfe von Außen gelangt, ist ihr etwas gelungen, was noch keinem zuvor gelungen ist: Sie hat drei Schulen errichtet, die nun mit 24 voll bezahltem Lehrpersonal 594 Kindern und Jugendlichen, die ihr Leben in diesem Lager verbringen, nicht nur Zugang zur Bildung ermöglicht, sondern auch zu gesundem Essen.Soeben erreichte uns die tolle Nachricht von Lara, daß ihr wieder etwas Unglaubliches gelungen ist: Sie hat es geschafft, 1400 Schulrucksäcke ins Al-Rukban Camp zu bringen! Im zweiten Teil des Interviews läßt uns Lara an dieser wundervollen Initiative teilhaben.
Ein vollständiges Skript des Interviews finden Sie unten!
Webseite Lara's Globalpedia https://laraglobalpedia.com/
Webseite Small School Support Project S.S.S.P.: https://smallschoolsupportproject.com/
Instagram https://www.instagram.com/yeslara.world/
Facebook Small School Support Project S.S.S.P. https://www.facebook.com/sssp.refugee
Facebook Lara's Globalpedia (chinesisch) https://www.facebook.com/LaraGlobalpedia
Facebook Small School Project (chinesisch) https://www.facebook.com/groups/sssp.refugee
Email: [email protected]
Rti: Herzlich Willkommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Heute begrüße ich einen ganz besonderen Gast, nämlich die Taiwanerin Lara Tseng.
Lara: Hallo alle, ich bin Lara aus Taiwan! Und Shangning, danke, dass ich hier sein darf. Ich bin so aufgeregt, ein Interview im Radio zu machen... und auf Deutsch, wow!!! Oh mein Gott, wie lange ich Deutsch gelernt habe und wie lange ich nicht auf Deutsch gesprochen habe! Uff! Ich hoffe, ich blamiere mich heute nicht! Ich gebe mein Bestes, und bitte verzeiht mir, wenn mein Deutsch komisch klingt. Ich bin keine Muttersprachlerin und habe nie in Deutschland gelebt oder studiert. Ich habe vor etwa 8 Jahren angefangen, Deutsch zu lernen, für meine Kinder, als sie in der deutschen Schule in Taipei angefangen haben!
Rti: Genau, Lara lebt mittlerweile nämlich in Dubai, aber ihre beiden Kinder besuchen eine deutschsprachige Schule, und zwar bereits, als sie noch in Taiwan gewohnt haben. Warum es für sie wichtig ist, daß ihre Kinder eine deutsche Schule besuchen und was Lara selbst mit Bildung am Hut hat, das wird sie uns heute erzählen!
1) Deine Kinder haben beide die deutsche Schule in Taipei besucht. Warum?
Lara: Ja, das ist eine gute Frage, Shangning! Ich komme aus Taiwan und mein Mann ist Russe. Warum sind unsere Kinder in der deutschen Schule? Ich mag unser Bildungssystem nicht so sehr. Ich finde, es begrenzt die Talente und Möglichkeiten der Kinder mit zu viel Auswendiglernen und Prüfungen. Also habe ich beschlossen, meine Kinder nicht das Gleiche durchmachen zu lassen! Und mein Mann kommt aus Russland. Vielleicht wisst ihr, dass Peter der Große damals nach Deutschland gereist ist und das deutsche Bildungssystem in Russland eingeführt hat. Deshalb denken viele Russen, dass die deutsche Bildung die beste ist! Was denkst Du, Shangning? Das ist der Grund, warum wir unsere Kinder in die deutsche Schule geschickt haben.
Rti: Das ist sehr interessant, denn es gibt tatsächlich eine Fangemeinschaft in Taiwan, die ihre Kinder auf deutschsprachiger Pädagogik fußende Schulen schicken wie beispielsweise die Waldorfschule oder Montessorischule.
2) Aber sag mal, Lara, wo kommst Du denn eigentlich her und was ist Dein beruflicher Werdegang?
Ich komme aus Taipei in Taiwan. Ich habe in einer traditionellen Familie gelebt, aber dann hat mein Leben mich um die Welt geführt. Ich habe in Moskau, Peking, Shanghai, Tokio und Dubai gelebt. Jetzt lebe ich in Dubai. Ich habe Russische Literatur und Sprache an der Universität Chenchi studiert. Nach meinem Abschluss habe ich angefangen zu arbeiten und wurde innerhalb eines Jahres als Expat nach Moskau geschickt. Ich habe dort 6 Jahre gelebt, gearbeitet und meinen MBA gemacht.
3) Das klingt ja ziemlich vielversprechend, was ist danach passiert? Bist Du aus Russland weggegangen?
Ja, Dann habe ich einen Russen geheiratet, was momentan vielleicht nicht die beliebteste Nationalität ist... Danach wurde er als Expatriate nach Peking geschickt, also sind wir nach China gezogen und haben dort weitere vier Jahre verbracht. In dieser Zeit wurde mein erster Sohn geboren, Marcus. Dann bin ich Vollzeitmutter geworden. Als meine Tochter geboren wurde, sind wir zurück nach Taiwan gezogen.
Wenn ich jetzt auf meine Reise zurückblicke, war jeder Ort ein Kapitel in meinem Leben. Jeder hat mir etwas Einzigartiges über die Welt und mich selbst gelehrt.
4) Was hast Du beruflich gemacht, als Du in Taiwan gelebt hast? Das, was Du gerade gesagt hast über die Einzigartigkeit der Welt, hat das dabei geholfen, diese Plattform “LaraGlobalPedia” zu gründen?
Als mein Sohn Marcus 3 Jahre alt wurde, kurz nachdem meine Tochter Alicia geboren war, spürte ich, dass etwas fehlte. Ich meine, ich war sehr glücklich, eine Mutter zu sein, mich rund um die Uhr, jeden Tag um meine lieben Babys zu kümmern und jede Sekunde mit ihnen zu genießen. Aber ich brauchte auch etwas anderes! Etwas Interessantes ist passiert, das ich teilen möchte. Bei einem Elternabend im Kindergarten, als alle Eltern am Tisch saßen und wir uns vor dem Beginn vorstellen sollten, fingen alle asiatischen Eltern mit „Ich bin die Mutter von …“ an. Dann sagte eine deutsche Mutter, unsere Freundin Katja, weißt Du, „Okay... aber... wie heißt DU? Ich höre nie eure Namen!“ In genau diesem Moment wurde mir klar, ja! Wie heiße ICH? Wo bin ich gewesen? Ich bin mehr als nur jemandes Mutter, ich bin ich! Ich bin Lara!
Das war der Moment, in dem die Pädagogin in mir erwachte. Ich wollte etwas mit meinen Fähigkeiten tun und gleichzeitig wollte ich, dass meine zwei Kinder die Welt nicht nur durch meine Geschichten, sondern durch ihr eigenes Verständnis kennenlernen. So habe ich 2015 „Laras Globalpedia“ gestartet. Es war nicht nur ein weiterer Kurs; es war unser kleines Fenster zur Welt, mit dem Ziel, Kindern die Schönheit der vielfältigen Kulturen und Sprachen unseres Planeten zu zeigen. Ich stelle die Länder vor, ihre geografische Lage, ihre Geschichte, Kultur und so weiter. Dank der Bibliothek von TES (Anm. d. Red.: TES ist die Taipei European School, eine trisektionale Schule, in die auch die Deutsche Schule Taipei eingegliedert ist) kam ich auf die Idee, Bilderbücher in mehreren Sprachen vorzulesen! Ich lese für die Kinder auf Chinesisch, Englisch, Russisch, Japanisch und Deutsch im Unterricht!
Und jetzt ist es 2024, fast 10 Jahre, seit ich Laras Globalpedia gestartet habe, und der Kurs ist zusammen mit meinen Kindern gewachsen. Jetzt im Online-Unterricht wechseln wir von Bilderbüchern zu internationalen Nachrichten und sogar geopolitischen Themen. Meine Schüler teilen jedes Mal eine internationale Nachricht, und wir lernen die entsprechenden Themen dazu. Und wir sprechen über alles, Black Lives Matter, Martin Luther King, Sklaverei in Afrika, das ist alles, worum es bei Laras Globalpedia geht. Wir lernen, ein proaktiver Weltbürger zu sein, egal wie alt! Erstaunlich, oder?
6) Das hört sich total toll an und auch sehr innovativ! Ist das Programm hauptsächlich für ein taiwanisches Publikum gedacht?
Am Anfang ja, aber jetzt nicht unbedingt. Ich unterrichte taiwanische Kinder ab 5 Jahren und auch Erwachsene. Jetzt unterrichte ich auch junge syrische Flüchtlinge in der Oberstufe und an der Universität. Wenn wir über globale Perspektiven sprechen, kann das in jeder Gesellschaft gelehrt werden. Ich denke, jeder auf der Welt, besonders jetzt, braucht mehr Verständnis und Mitgefühl für andere!